Samstag, 28. Juni 2014

28.06. der Abend in Perm

Ich bin in Perm, es ist Mitternacht; ich komme vom Konzert, auf das ich spontan gegangen bin (hier ist gerade das Diaghilev-Festival).
Falls jemand so eine schwarze Stofftasche von diesem Festival übrig hat oder weiß, wo ich eine bekommen kann, wäre ich sehr dankbar für eine Info! Es ist mir in Perm leider nicht gelungen, mir eine zu besorgen.

Ich genieße es, bei milden Temperaturen im Bus zu liegen - und zwar mittendrin statt nur dabei, denn ich stehe auf dem bewachten Parkplatz hinterm Hotel Ural und kann in der gesamten Innenstadt alles zu Fuß erreichen.
140 Rubel für 24 Std, ein fairer Preis!

Ok, es wird wohl laut bleiben heute Nacht, aber die zentrale Lage macht das locker wett.

Die vergangene Woche herrschte ja nicht gerade das, was ich mir unter Kontinentalklima vorgestellt hatte (trockener heißer Sommer), sondern es gab viel Regen und war gerade nachts ganz schön kalt.
Perm jedoch hat mich mit sommerlichem Wetter und offenen Armen empfangen, ich fühle mich richtig wohl hier.
Dies ist angeblich das Haus, das Pasternak in Dr Schiwago beschreibt (als Haus des Teehändlers Gribuschin)



Ich war schon ausgiebig spazieren, am Fluss Kama (Urlaubsstimmung).
Wer hat längere Beine?

Mein Tag endet also jetzt wunderbar, und das, obwohl er so furchtbar angefangen hatte.

Und, was noch toll war heute: Ich hatte soooo einen schönen Mittagspausenplatz!
das mit dem Selbstauslöser üben wir noch mal

Gestern abend war ich wohl nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Auf dem Weg Richtung Perm habe ich heute viele Ecken und Sträßchen gesehen, die nach einem guten Übernachtungsplatz aussahen; das gab die Umgebung von Kazan einfach nicht her.

28.06. der Morgen in Mamadysh (ein Text sagt mehr als tausend Bilder)

Ich wiederhole noch mal die entscheidende Tatsache von gestern: Feldweg, Acker ...

Und dann holten mich plötzlich Regentropfen aus dem Schlaf, die ich auf dem Dach hörte. Und dann bekam ich Sorge, dass der Untergrund aufweicht und ich womöglich nicht mehr auf die "befestigte" (Schotter-)Straße zurück komme. Die Sorge war dann auch groß genug, um mich morgens halb fünf aufstehen und wegfahren zu lassen. Leider war das nicht mein Glücksmorgen. Es passierte, was passieren musste, ich fuhr mich mit dem linken Vorderrad in einem Schlammloch fest. Ich probierte mich da noch rauszuschaukeln, aber irgendwann hab ich aufgegeben.
Flüche, Reue, wüstes Geschimpfe auf die dumme Christine, diese Blöde, die wieder nix gelernt hat und sich so einen Mist einbrockt. Morgens um 5 im Regen ist auf der abgelegenen Schotterstraße natürlich auch weit und breit niemand unterwegs. Also wieder ins Auto setzen und froh sein, dass es trocken und warm ist und man halbwegs waagerecht steht.
Welche Optionen habe ich?
1. Zu Fuß loslaufen und irgendwen irgendwo um Hilfe bitten. Mamadysh und die Schnellstraße sind ja in erreichbarer Nähe.
2. Stefan in Byngi anrufen und SOS funken. (Niemals! Ich bin schließlich schon groß!)
3. ADAC anrufen, die sollen einen Abschlepper schicken.
4. doch mal Luft aus dem Reifen lassen?

Gerad will ich mir einen Kaffee kochen und warten, dass der Regen aufhört, um Option 1 anzugehen, da hält oben an der Schotterstraße tatsächlich ein Auto. Ich reiße die Schiebetür auf und winke wild. (Vor sowas wird ja immer gewarnt: Fingierte Pannen, und der naive Helfer wird dann ausgeraubt.)
Ich hoffe also, dass ich harmlos genug wirke (ja, bestimmt, mit schlammiger Hose und gerade aufgestandener Frisur morgens um 5 mitten auf dem Feld, wahrscheinlich mit verzweifeltem Blick und in Zungen sprechend). Ich rechne dem älteren Herrn hoch an, dass er nicht einfach weitergefahren ist. Er kam dann irgendwann runter aufs Feld und ging um meinen Wagen und fragte Dinge, die ich nicht verstand, und ich erklärte Dinge, die er nicht verstand (ich hab mich verfahren und wollte hier wenden ...). Und einmal sagte er das Wort "Traktor", und da stimmte ich sofort zu und sagte auch heftig nickend "Da!Da! Traktor!" Gdje Traktor? Znajete?
Schließlich hat er mich ermutigt, es doch noch mal zu versuchen, und er schob und zog auch noch mit, und mit Blick auf mein Hinterrad stellt er dann fest "Eto nje rabotajet". Stimmt, das Hinterrad dreht sich nicht, und wer ist schon so doof, mit nicht mitarbeitenden Hinterrädern in Russland in den Schlamm zu fahren ...?! Aber, ich konnte es selbst nicht glauben, irgendwann kam ich dann tatsächlich frei und hatte wieder halbwegs festes Gras unter den Rädern und kam - Augen zu und durch - schlitternd wieder hoch auf den Schotterweg.
Boah, war ich froh und dankbar!

Das war jetzt nur die Kurzversion.

(Und ich erzähl es sowieso nur ungern, weil ich mich echt schäme, dass ich mich da durch meine ganz eigene Schuld reinschlamasselt habe! So dumm und überflüssig!)

Es gibt auch keine Fotos, ich hatte echt andere Sorgen in dem Moment. Hartnäckige lehmige Schlammspuren gibt es aber noch reichlich, an meinen Schuhen, auf der Hose, am Auto, im Auto :(

Nächstes Mal also doch Sandbleche mitnehmen!