Montag, 14. Juli 2014

14.07. Kurische Nehrung


Ich war zu bequem, mir einen anderen Übernachtungsplatz zu suchen - bin einfach dort in der Turgaus gatve stehen geblieben und habe die halbe Nacht Fotos hochgeladen (bis das Casino schloss und mein WiFi ein jähes Ende fand). Allerdings wusste ich, dass mein Parkplatz ab 8h gebührenpflichtig ist, und so bin ich früh aufgestanden und direkt zur Autofähre gefahren, die wenige Kilometer südlich ablegt zur Kurischen Nehrung.

Die 60 Litas (auch per EC-Karte zahlbar) gelten für Hin-und Rückweg, auch wenn ich den gar nicht in Anspruch nehme. Die Überfahrt ist eine Sache von wenigen Minuten; der dicke Reisebus neben mir hat nicht mal den Motor ausgemacht.

Die Kurische Nehrung ist eine Art lange dünne Landzunge, im Norden litauisch, im Süden russisch. Östlich, also zum Festland hin, ist dadurch ein riesiger See, das kurische Haff. Nach Westen hin ist die Ostsee.

Ich wandte mich nach Süden, zahlte 30 Litas Eintritt für den Nationalpark und bog bei Juodkrante in eine Nebenstraße nach Westen ab, um zum Meer zu gelangen. Leider fing es wieder an zu gießen und wollte nicht aufhören. Ich saß im Auto, blickte frustriert auf die Wassermassen, die am Fenster herunterliefen, und muss zu meiner Schande gestehen, dass ich kurz zu rechnen begann, wann ich morgen Abend zu Hause bin, wenn ich jetzt sofort durchstarte ...

Als der Regen nachließ, bin ich in Gummistiefeln trotzdem zum Strand gegangen (den ich ganz für mich allein hatte) und bilde mir ein, ich hätte Bernstein gefunden :) Nach und nach verzog sich die graue Regenfront und machte Platz für schönes Wetter, und mit dem Sonnenschein wurde es plötzlich richtig warm.
Die Gelegenheit, in aller Abgeschiedenheit ein Bad in der Ostsee zu nehmen, wollte ich mir nicht entgehen lassen. Aber, oje, trotz mehrerer Anläufe brachte ich es einfach nicht fertig, in das eiskalte Wasser zu gehen. Schon wenn die Wellen nur um die Fußknöchel spülten, tat die Kälte so dermaßen weh, dass ich zurückweichen musste. Ich habe bestimmt 10 Versuche gestartet, fest entschlossen und vor mich hin fluchend, aber "Schmerz heißt Stopp" habe ich mal beim Sport gelernt, und daran halte ich mich natürlich ;)

Meine Gummistiefel hatte ich derweil zum Abtropfen unters Auto gestellt und beim Wegfahren leider völlig vergessen. Das merkte ich aber erst abends und wollte nicht die ganze Strecke zurück fahren. Es waren echt schöne Gummistiefel, und ich hoffe, jemand hat sich ihrer angenommen ...

Nächster Halt: Nida. Dies ist der Hauptort der Nehrung, das touristische Zentrum sozusagen. Thomas Mann hat hier gelebt, und in seinem Haus gibt es ein kleines Museum ihm zu Ehren.

(Die Bitte, nicht zu fotografieren, habe ich erst beim Rausgehen gelesen, ehrlich!)


Das Parken in Nida ist überall gebührenpflichtig, also blieb ich etwas außerhalb stehen und ging lieber ein Stück zu Fuß ... am Haff entlang ... an den Souvenirständen vorbei ... zum Hafen ... zum Geldautomaten ...
Das Wetter war plötzlich beständig, der Ort nicht zu überlaufen, und der Spaziergang machte Spaß.

Die Touristen kommen hauptsächlich aus Litauen selbst, ich hörte aber auch viel Russisch, Deutsch und vereinzelt Englisch und einmal sogar Französisch.

Die Häuser in Nida sind meist aus Holz, traditionell mit gekreuzten Pferdeköpfen überm Dach.
Manche Häuser haben stattdessen andere Symbole am Giebel, deren Bedeutung ich aber nicht kenne.

Auf der Kurischen Nehrung gibt es die sogenannten Kurenkahnwimpel (Weathervanes). Jedes Fischerboot hatte eine Art hölzerne Windfahne auf dem Mast, und anhand der Motive wusste man, aus welchem Dorf es stammt.
Die Kurenkahnwimpel werden heutzutage an jeder Ecke als Souvenir verkauft, sei es zum Hinstellen oder zum Ausmalen oder als Bausatz oder als Kühlschrankmagnet etc. Einige stehen auch in Originalgröße auf Masten im Dorf.

Als ich einen Platz für die Nacht suchte, schaute ich bei Kempingas Nidos vorbei, dem einzigen dortigen Campingplatz, aber das war mir zu gedrängt und beengt, schon sehr viele Wohnmobile dicht nebeneinander auf Rasengittersteinen - da muss ich mich nicht dazuquetschen.

Stattdessen bin ich auf einen der wenigen größeren kostenfreien Strandparkplätze gefahren und habe mich dort einfach in eine Ecke gestellt. Nebenan ein österreichisches Pärchen im weißen T4. Hat sich keiner dran gestört.

Und da ich immer noch schwitzte und aus meinem Bad in der Ostsee ja leider nichts geworden war, setzte ich endlich meine mobile Dusche im Bus ein. Dazu sind ein paar Umräumarbeiten nötig gewesen, aber es hat sich gelohnt - ich habe tatsächlich im Bus duschen können, mit erstaunlich niedrigem Wasserverbrauch (2 Liter?). Das Prinzip ist einfach: Das Wasser kommt aus einer Gartenspritze, die man mit Wasser füllt, per Handpumpe mit etwas Druck versieht, und dann kann man für mehrere Minuten einen ausreichenden Wasserstrahl daraus zapfen.
Da ich ganz allein und in der Fremde bin, stelle ich mich damit nicht nackt draußen in die Landschaft, sondern ich habe mir eine "Duschkabine" vorbereitet: Zwei billige IKEA-Duschvorhänge habe ich zusammengeklebt und gekürzt. Mit 4 S-Haken, die mein Vater mir mal gebastelt hatte, hänge ich diesen Planenvorhang an die 4 Ecken des Hubdachs.
Unten kommt das Ganze in eine wasserdichte 60x40-Euro-Kiste (die Duschwanne sozusagen), in die ich mich reinstelle.
Jetzt kann ich mein Gartenspritzen-Wasser über mich laufen lassen, es wird unten in der Duschwanne gesammelt und kann dann später weggeschüttet werden. Ist alles ein bisschen aufwendig, man hüpft also nicht mal eben schnell unter die Dusche, aber ich finde, das frische saubere Gefühl hinterher ist jede Mühe wert ;)