Freitag, 27. Juni 2014

27.06. östlich von Kazan

Ich bin nach Kaffee und Cornflakes kurz vor 9 aus Suzdal abgereist, wieder später als ich wollte,
aber irgendwie rennt mir hier ja auch ständig die Zeit davon - und das meine ich jetzt wörtlich: Je weiter nach Osten ich komme, desto kürzer werden meine Tage, denn ich muss immer die Uhr wieder eine Stunde vorstellen. Das ist auch gar nicht so leicht herauszufinden, wann man wieder in einer neuen Zeitzone ist; da hilft nur ständige Fragerei.

Ich bin schon wieder 12 Stunden oder sogar länger gefahren. Immerhin hatte ich mir diesmal Butterbrote für unterwegs geschmiert, damit ich nicht den ganzen Tag nur zu Keksen und Müsliriegeln greife.
Diesmal waren zum Teil richtig schlechte Straßenabschnitte dabei.
Ich möchte aber deutlich sagen, dass es keiner besonderen Fähigkeiten bedarf, um in Russland Auto zu fahren. Man muss aufmerksam und konzentriert sein, aber das ist ja eigentlich selbstverständlich. Es wird halt nicht jedes Hindernis kilometerweit im Voraus angekündigt; unvermittelt kann da eine Baustelle, ein schlimmes Schlagloch oder ein liegengebliebener Wagen auftauchen, damit muss man halt rechnen. Und vielleicht auch nicht jede Verkehrsregel buchstabengetreu auslegen.
Die ersten 15 Minuten habe ich mich immer an alle Regeln gehalten (man will ja nicht unangenehm auffallen), habe auf dem MKAD immer nur links überholt etc. ... Dann jedoch habe ich mich recht schnell der Meute angepasst (man will ja nicht unangenehm auffallen), aber ich breche die Regeln nie auf Kosten anderer.
Eine Sache ist mir nämlich echt unsympathisch: Die Vordrängel-Mentalität einiger russischer Autofahrer :(
Egal ob es ein Stau oder nur eine Warteschlange an der Ampel ist - da kommen die plötzlich von rechts und links vorbeigebrettert (egal ob da Schotterstreifen oder Abbiegerspur oder gar nix ist) und quetschen sich dann weit vorn wieder rein:
Wenn einer erst anfängt, machen das leider ganz viele nach. Dieses Verhalten finde ich asozial, aber es gibt ja auch viele "brave" russische Autofahrer, die davon sicher ebenso genervt sind wie ich.

Also, es war eine lange Fahrt, wieder über 700km bis hinter Kazan. Besondere Ereignisse?
- Ich habe sehr viele Greifvögel gesehen. Leider kann ich die nicht auseinanderhalten oder bestimmen, wenn die da oben rumfliegen.
- Ich habe einen Holländer mit wohnwagen überholt.
- Ich bin über die Wolga gefahren. Mit offenem Mund und ganz ergriffen, so schön war das - trotz Regen. Schade, dass ich nirgends anhalten konnte, ich hätte so gern ein paar Fotos gemacht.
- Ich habe zum ersten Mal Jekaterinburg ausgeschildert gesehen ... noch 1099 km :)
- Ich habe ewig gebraucht (vielleicht auch zu spät angefangen), um einen Übernachtungsplatz zu finden. Jetzt steh ich quasi auf dem Acker hinterm Gebüsch, südlich von Mamadysh. Ich hoffe, es war kein Fehler, auf den Feldweg zu fahren.

Mückenplage. Gibt es eine undichte Stelle im Trapo, die nicht kenne? Fenster, Türen, Dach: alles zu, sogar den Abfluss hab ich verdeckt. Trotzdem bilde ich mir ein, es kommen immer neue Mücken rein. Gut, dass ich hier innen das Moskitonetz vorbereitet hab, das kann ich mit einem Handgriff über die Matratze ausbreiten.