Sonntag, 20. Juli 2014

Russland mit dem Campervan - meine Erfahrungen

Ich habe lange überlegt, wie ich dieses Blog sinnvoll abschließen kann.

Da ich als Vorbereitung auf meine Reise viel im Internet recherchiert hatte und leider nur wenige konkrete Informationen gefunden habe, die sich auf Reisemobil-Fahrten nach Russland beziehen, möchte ich mit diesem Posting Tipps für Gleichgesinnte geben. Anhand meiner eigenen damaligen Fragen habe ich hier meine Erfahrungen themenbezogen zusammengestellt.

Ich habe das Kapitel absichtlich nicht "Russland mit dem Wohnmobil" genannt, denn ich glaube, mit einem großen weißen Riesen steht man noch mal ganz anderen Herausforderungen gegenüber als mit einem eher unauffälligen und wendigen T4. Die WoMo-Camper können aber sicherlich die interessanten Passagen für sich herausfiltern.


Camping
  • Übernachten:
Offizielle Campingplätze gibt es kaum. Der in Suzdal hat einen Standard, wie man ihn aus Westeuropa kennt. Andere (wenige) Stätten nennen sich "Kemping", aber es handelt sich oft nur um lieblose Stellplätze auf Lehm und Kies, evtl. kann man noch irgendwo duschen.
Entlang der Schnellstraßen sind in größeren Abständen die (Awto-)Stojankas. Auch diese sind nur Schotterparkplätze, evtl. grob umzäunt und bewacht, fast immer direkt an der Straße. Auf mich wirkte das eher abschreckend (vor allem der Gedanke, als Frau allein unter den ganzen LKW-Fahrern meinen Abend zu verbringen).
Ich habe mich also immer in die Natur gestellt. Wer Allradantrieb hat, kann einfach den Feldwegen folgen, die von den Schnellstraßen abgehen. Meine Auswahl war nicht ganz so groß, da ich mit 2WD immer bestrebt war, auf halbwegs befestigtem Untergrund zu bleiben. Dadurch war mein Übernachtungsplatz oft recht straßennah. Insgesamt hat sich aber nie jemand dafür interessiert, ob ich tags oder nachts irgendwo am Straßenrand oder im Gebüsch geparkt habe.
In den Städten habe ich auf bewachten und unbewachten Parkplätzen gestanden, immer ohne Probleme. Von anderen weiß ich, dass sie an Hotels nachfragten und dann - umsonst oder gegen eine kleine Gebühr - auf deren Parkplatz stehen durften.
Man sollte also weitestgehend autark sein.
  • Hygiene/Wasser/Kochen:
Ich habe unterwegs bei meinen Gastgebern, in Seen und Flüssen oder mittels meiner "mobilen Lösung" geduscht. Wäre das nicht ausreichend gewesen, hätte ich an Stojankas oder Hotels gefragt. Mein Campingklo habe ich zum ersten Mal nach zwei Wochen benutzt und auch dann nur sehr selten, sodass ich nicht in die Bredouille kam, es unterwegs leeren zu müssen. Normales Abwasser habe ich direkt nach draußen entsorgt.
Für normale Abfallmengen gab es viele Gelegenheiten, sie an Müllcontainern oder an geräumigen Bushaltestellen-Mülleimern loszuwerden.
Frischwasser hatte ich in 5-Liter-Kanistern reichlich aus Deutschland dabei, und die Kanister konnte ich einzeln an Restaurants oder Tankstellen wieder auffüllen. Mit einem großen Frischwassertank stelle ich mir das eher schwierig vor. Fürs Kaffeekochen und Trinken habe ich später lieber gekauftes Trinkwasser benutzt. Zum Spülen und Zähneputzen reichte mir das russische Leitungswasser; ich hatte es zuvor mit "Romin Keimfrei"-Tropfen aus dem Outdoorladen konserviert.
Zur Versorgung von Gasflaschen und -kartuschen kann ich leider nicht viel sagen. Zum Kochen hatte ich ausreichend kleine Einweg-Kartuschen dabei. Es gibt in Russland genügend Propan-Stationen zum Befüllen von größeren Gasflaschen, aber ich weiß nicht, welche Standards da herrschen.

Autofahren

Das Autofahren in Russland war kein Kinderspiel, aber auch keine unbeherrschbare Kunst.
  • Straßenqualität:
Schlaglöcher, fehlende Gullideckel, Bahngleise, unangekündigte Baustellen, loipenartige Spurrillen, fehlende Fahrbahnmarkierungen und waghalsige Überholmanöver erforderten ständige Aufmerksamkeit und wohlwollendes "Mit-Denken" auch für die anderen Verkehrsteilnehmer. Die meisten fahren zu schnell und überholen auch da, wo es verboten ist. Man erlaubt dem Schnelleren gern das Überholen, und der bedankt sich im Gegenzug mit einer Sekunde Warnblinklicht.
Zum Schutz meiner Motorhaube hatte ich eine kunstlederne Bra aufgezogen. Seitlich davon hat der Lack dennoch so machen kleinen Steinschlag abbekommen.
Ich habe es vermieden, nachts zu fahren, weil man eventuelle Hindernisse dann noch viel später wahrnimmt.
(Es gab aber auch entspannte Abschnitte mit herrlich glattem Asphalt, wenig Verkehr und ohne Baustellen.)
Entlang der Schnellstraßen sah ich zwei Dinge besonders häufig:
- zerfetzte Reifenreste
- Kreuze mit Blumen und Gedenktafeln für Unfallopfer :(
  • Tanken:
An den Tankstellen parkt man an der gewünschten Zapfsäule, geht dann zur Kasse und sagt, wieviel man von welchem Kraftstoff will. Das zahlt man dann und kann sich anschließend an der Zapfsäule bedienen. (Zweimal musste ich vorher noch einen Knopf an der Zapfsäule drücken, um den Zähler "auf Null" zu stellen.) Der Sprit hört von selbst auf zu laufen, wenn die bezahlte Menge erreicht ist.

  • Navigation:
Ohne mein Navi wäre ich verloren gewesen (auch wenn es zwei-, dreimal ein bisschen gesponnen und mich in die komplett falsche Richtung geschickt hat). Ich hatte die kostenlose Nokia-Navigation auf dem N8 und war insgesamt sehr zufrieden. Andere Stadtpläne und meinen russischen Straßenatlas habe ich gar nicht benutzt. Mit gutem und ausführlichem Kartenmaterial - und einem Beifahrer, der damit umgehen kann - kommt man vielleicht auch ohne Navi zurecht. Empfehlen kann ich das nicht.

  • Verkehrskontrollen:
Die einzige russische Polizeikontrolle, in die ich geraten bin, verlief völlig reibungslos und war nach zwei Minuten vorbei (Papiere checken, einmal ins Auto gucken, fertig). Der Tipp, "kein russisch zu können", ist sicher nicht verkehrt.

  • Autopannen:
Zum Thema Autopanne kann ich - juhu - keine Erfahrungen beitragen :) Ich habe mich auf mein Werkzeug, die Ersatzteilkiste und meine ADAC-Mitgliedschaft verlassen und brauchte nichts von alldem.


Grenze/Einreise/Zoll

Bei mir hat die Einreise nach Russland von Lettland aus gute zwei Stunden gedauert. Auf der Kurischen Nehrung waren es nicht mal 15 Minuten. (Ich habe aber von anderen gehört, die viel länger an der Grenze standen.)
Zuerst reiste ich ja aus der EU aus - auch dies erforderte eine kurze Wartezeit und eine Dokumentenkontrolle.

Auf der russischen Seite musste ich mich dann am "Goods to declare"-Schalter anstellen (obwohl ich nichts zu verzollen hatte). Dort sind zwei Schalterhäuschen direkt hintereinander. Beim ersten zeigte ich (nach Aufforderung) meine Papiere, dann wollte ein Grenzbeamter ins Auto schauen, ich musste also alle Türen öffnen (einmal auch die Motorhaube). Ich bekam den Immigrationzettel, ein leicht auszufüllendes Formular, wie man es auch von Reisen in andere Drittländer kennt.

Dann fuhr ich wenige Meter vor zum zweiten Schalterhäuschen, wo der Zoll sitzt. Hier musste ich das berüchtigte Zollformular in zweifacher Ausführung ausgefüllt abgeben. Da ich ein Musterexemplar hatte, war das eigentlich leicht und konnte auch schon zuhause vorbereitet werden. Hier mal mein erfolgreich getestetes Formular (die allzu persönlichen Angaben habe ich geschwärzt):
<Formular kommt noch>
Überraschend war für mich, dass ein bestimmtes Kreuzchen an der lettisch-russischen Grenze anders gesetzt werden sollte als auf der kurischen Nehrung: Im ersten Fall sollte ich nämlich bei "Gepäckstücke dabei?" NEIN ankreuzen, und im letzteren Fall JA (aber ohne Angabe der Anzahl der Gepäckstücke).

Auch hier wollte noch mal jemand ins Auto schauen, aber das war sehr oberflächlich; ich musste also nichts ausräumen.

Einmal in Russland, muss man sich innerhalb der ersten Tage registrieren lassen - eigentlich eine Aufgabe des Gastgebers. Da ich unterschiedliche Aussagen darüber hörte, wie ernst diese Registrierung genommen (und bei der Ausreise geprüft) wird, habe ich sie auf dem Campingplatz von Suzdal vornehmen lassen. Das kam mir beim Kauf meiner Simcard zugute, denn die Megafon-Mitarbeiterin wollte ganz explizit den Registrierungsstempel sehen.


Allgemeines

Ich habe es als extrem nützlich empfunden, kyrillisch lesen zu können und auch einige Brocken Russisch zu beherrschen. Ich weiß nicht, wie ich sonst mit Straßenschildern, Grenze, tanken etc. klargekommen wäre. Alle Leute waren nett und entgegenkommend zu mir, haben sich immer bemüht, mich zu verstehen und mir zu helfen.
Geld gibt es in jeder kleineren Stadt, wo i.d.R. eine Bank und somit auch meist ein Geldautomat ist. Auch den Kraftstoff hätte ich jedes Mal mit Karte zahlen können, und zwar immer mit Kreditkarte (Master-) und meistens sogar mit der ganz normalen EC-Karte (Maestro).
Die Tatsache, dass ich allein als Frau unterwegs war, hat meine Reise nicht beeinträchtigt; ich habe meine üblichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen, aber mich nie unwohl oder gefährdet gefühlt.

Ich würde also jederzeit und mit großer Freude noch einmal durch Russland reisen :)


Wer sonst noch Fragen oder Ergänzungen hat, kann mich gern direkt kontaktieren oder über die Kommentarfunktion  eine Nachricht hinterlassen :)

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